Die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP im lippischen Kreistag fordern Information, bedingungslose Aufklärung und das klare Bekenntnis der Verwaltungsspitze zu ihrer Verantwortung im Zusammenhang mit den Lügder Missbrauchsverbrechen. „Wir sind fassungslos und entsetzt über die immer skandalöser werdende Entwicklung dieses Falls“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Fraktionsvorsitzenden Andreas Kasper (CDU), Henning Welslau (SPD), Werner Loke (Grüne) und Carsten Möller (FDP). Sie betonen die gemeinsame Verpflichtung und den festen Willen aller im Kreistag vertretenen Fraktionen dafür zu sorgen, dass sich ein derartiges Verbrechen auf lippischem Boden nicht wiederholen kann. „Das sind wir den Kindern in Lippe, allen voran den Opfern im Fall Lügde und ihren Eltern und Familien schuldig.“
Scharfe Kritik üben CDU, SPD, Grüne und FDP an der Informationspolitik von Landrat Dr. Axel Lehmann. „Dass der Kreistag scheibchenweise und erst aus den Medien von den immer wieder neuen Pannen in den Behörden erfahren muss, ist nicht tragbar“, stellen Kasper, Welslau, Loke und Möller fest. Zumindest die Fraktionsvorsitzenden hätten informell und streng vertraulich informiert werden müssen Dies hätte auch geschehen können, ohne die Ermittlungen zu gefährden.
Nur einen Tag vor der Pressekonferenz zum Verschwinden der Beweis - CDs aus der Kreispolizeibehörde fand die von der CDU beantragte Sondersitzung des Kreispolizeibeirats in Anwesenheit des Landrats statt. „Mit keinem Wort wurden die Beiratsmitglieder über das informiert, was am nächsten Tag in aller Öffentlichkeit verkündet wurde“, empören sich die Fraktionschefs. Per Mail sei einen Tag später aus dem Referat des Landrats mitgeteilt worden, dass der Verbleib der CDs aufgrund einer „dringenden Empfehlung des Innenministeriums“ nicht zur Sprache gekommen sei. „Wir wollen diese Empfehlung des Innenministeriums sehen“, fordern die Politiker.
Nach Ansicht der Kreistagsfraktionen offenbaren sich in den nach und nach bekannt gewordenen Pannen und Versäumnissen der lippischen Behörden eklatante Mängel in deren Organisationsstruktur. „Wie kann es passieren, dass in diesem dramatischen Fall Beweis - CDs aus dem Polizeigebäude verschwinden? Hier liegt ein klares Organisationsverschulden vor“, bringt Kasper die Vorwürfe der Politik auf den Punkt. Es fehle an sauberen Prozessen und klaren Regelungen in den Behörden. Auch die Aufbauorganisation im Kreishaus wird hinterfragt. So ist die verantwortungsvolle Position des Jugendamtsleiters seit Jahren unbesetzt und wird in Doppelfunktion vom Verwaltungsvorstand III mit betreut. „Hier hätte der Landrat längst handeln und die Stelle besetzen müssen“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Kreistagsfraktionen.