Haushaltsrede Kreistag 22. März 2021
Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,
die Pandemie hat unser Leben grundlegend verändert. Ganz konkret aber auch unsere politischen Abläufe, letztlich auch unsere politische Kultur.
Videokonferenzen bringen für die Effizienz von organisatorischen Absprachen und das Abfragen von Meinungsbildern Vorteile mit sich. Beim Entwickeln von politischen Ideen oder beim Herausarbeiten von tragfähigen Gemeinsamkeiten fehlt jedoch der persönliche Kontakt, der erhellende Zwischenruf, das Raunen in den Reihen und die aussagekräftige Mimik schon sehr. Dies galt auch für die diesjährigen Haushaltsberatungen.
Als ich 2016 meine erste Haushaltsrede unter dem damals frisch gewählten Landrat Dr. Lehmann in diesem Kreistagssaal halten durfte, war das zugegebenermaßen seemännische Motto „Kurs halten“.
Das war auch die Begründung für unsere damalige Koalition mit der SPD. Es lag uns daran, die Projektideen und Ansätze, die noch unter Landrat Friedel Heuwinkel und im Zusammenhang mit dem Entwicklungskonzept 2025 entstanden waren, zur Umsetzung zu bringen.
Dem InnovationSpin in Lemgo , dem multimodalen Verkehrssystem, den Gesundheitszentren und dem KreativCampus in Detmold wurde in der REGIONALE 2022 ein A-Status verliehen. All diese Projekte weisen noch einen Bezug zum Entwicklungskonzept Lippe 2025 auf, wurden im Zukunftskonzept 2025 aufgegriffen und zusammen mit anderen Projekten weiter vorangetrieben.
Das Zukunftskonzept 2025 ist inzwischen aber zu einem bunten Bauchladen geworden, die wichtigsten Leuchttürme befinden sich in der Umsetzung. Über den Fortschritt vieler anderer Projekte aus dem Zukunftskonzept sind wir im Unklaren. Was aber das wichtigste ist: Das Zukunftskonzept hatte nie den visionären Impetus für unsere lippische Heimat, den noch das – schwarz-grüne – Entwicklungskonzept 2025 unter Landrat Friedel Heuwinkel hatte.
Für uns ist es nach wie vor dringend erforderlich, eine Strategie‐ und Strukturdebatte zu führen, um unsere Ziele, unsere Projekte, unsere Bausteine für unsere lippische Heimat zu priorisieren und schrittweise gemeinsam zu entwickeln und zu steuern. Wir brauchen eine neue Vision für Lippe, ein umfassendes Strategiekonzept Lippe 2035!
Unser zunächst beantragter Ansatz einer Post-Corona-Strategie hätte hierzu einen Einstieg bieten können. Landrat Dr. Lehmann hat hierfür keinen Anlass gesehen, unseren Antrag haben wir daraufhin angepasst. Schade, dies ist eine vertane Chance.
Nach der Kommunalwahl haben wir das Boot mit der SPD verlassen und die Grünen haben sich darin komfortabel eingerichtet. Der Kurs des rot-grünen Bootes ist uns bisher nicht so recht klar. Dies wird sich wahrscheinlich erst im nächsten Haushalt deutlicher zeigen.
Unser Eindruck in den letzten Monaten war, dass aus dem Schnellboot nun ein Ausflugsdampfer oder schlimmer noch – dann allerdings zumindest klimaneutral – ein Tretboot geworden ist. Jedenfalls haben wir bisher noch nicht den Eindruck, dass hier „Fahrt aufgenommen“ wurde. Ohne klare Strategie für Lippe wäre dies allerdings auch verwunderlich.
Der Erfinder des Nachhaltigkeitsbegriffes war Carl von Carlowitz. Dieser hat die nachhaltige Forstwirtschaft mit seinem Grundlagenwerk von 1713 begründet. Darin beschreibt er schon alle Punkte, die wir heute als Dreieck der Nachhaltigkeit bezeichnen, nämlich Umwelt, Wirtschaft und die soziale Frage.
Um Nachhaltigkeit bei den Finanzen, bei der Wirtschaftsentwicklung und beim Klimaschutz soll es auch in meiner weiteren Haushaltsrede gehen.
Als christliche Demokraten wollen wir die Umwelt und das Klima schützen, damit auch unsere Kinder und Enkel in einer intakten Welt leben können.
Der Klimawandel ist real und wir müssen versuchen, ihn zu stoppen, zumindest zu entschleunigen. Wir setzen dabei auf Vernunft statt auf Ideologie. Erfolgreicher Klimaschutz muss konsequent sein, aber auch Menschen mitnehmen.
Wir lassen uns auch bei der Bewahrung der Schöpfung von klaren Prinzipien leiten: Soziale, ökonomische und ökologische Belange müssen immer wieder neu abgewogen und miteinander in Einklang gebracht werden. Wir wollen Klima und Umwelt schützen und gleichzeitig unseren Wohlstand erhalten.
Wir setzen dazu auf Anreize, Forschung und Entwicklung statt auf Verbote. Wir setzen auf Technologieoffenheit und auf die Innovationskraft unserer Forscher und Ingenieure.
Klimawandel ist eine globale Herausforderung, aber hier Vorort können wir mit dem Klimaschutz beginnen.
Wir wollen auch in Zukunft klimafreundlichster Kreis Deutschlands bleiben. Die Exzellenzinitiative „Masterplan 100% Klimaschutz“ mit dem Klimapakt Lippe und das integrierten Klimaschutzkonzept „Lippe_Re-Klimatisiert“ (LiReK) sind hierfür wichtige Bausteine. Daneben liegt uns der Natur- und Artenschutz besonders am Herzen. Um dieses Ziel zu verfolgen ist die Biodiversitätsstrategie "Lippes lebendige Vielfalt" sicher ein sinnvolles Instrument. Für den ehrenamtlichen Naturschutz haben wir weitere Haushaltsmittel für den Haushalt 2021 beantragt.
Im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie sind wir Teil der Wasserstoffregion „HyDrive OWL“. Klimaschutz steht hier auch für technische Innovation und Fortschritt.
Hinter der Wasserstoffregion steht die Überzeugung, dass Wasserstoff eine Schlüsselrolle in einer sicheren und sauberen Energieversorgung, dem Erreichen der Klimaschutzziele und der Schaffung neuer Jobs spielen wird. Mit Hilfe von Ökostrom hergestellter Wasserstoff bietet enorme Chancen für den Klimaschutz und soll nach den Plänen von Bund und Ländern die Energiewende vorantreiben.
Ostwestfalen-Lippe soll dazu als Wasserstoffmodellregion eine entsprechende Infrastruktur aufbauen. Mit dem gemeinsamen Antrag von FDP, Aufbruch C/FW und CDU zum Aufbau einer Wasserstofftankstelle haben wir diesen Ansatz massiv unterstützen wollen und waren bereit, uns auch als Kreis hierfür finanziell zu engagieren. Dies hätte Lippe im Rahmen der Wasserstoffmodellregion in die Pole-Position gebracht, war aber politisch offenbar nicht gewollt.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an unser Aufforstungsprogramm „Für jeden Lipper einen Baum pflanzen“, was ebenfalls ohne überzeugenden Grund ausgebremst wurde. Wir fragen uns inzwischen: Dürfen Vorschläge zum Klimaschutz nur von den Grünen kommen?
Im Bereich des Klima- und Artenschutzes haben wir klare Konzepte und sind in unseren Bemühungen wegweisend. Wir freuen uns darüber, klimafreundlichster Kreis zu sein, aber warum sind wir weit entfernt davon, auch der wirtschaftsfreundlichste Kreis zu sein?
Nur mit einer gesunden und erfolgreichen Wirtschaft können wir unseren Zielen im Kreis und in den lippischen Städten und Gemeinden näher kommen. Ohne Arbeitgeber und Steuerzahler aus der heimischen Wirtschaft sähe es in Lippe düster aus.
Wir haben in Lippe tolle Rahmenbedingungen für regionales wirtschaftliches Wachstum geschaffen mit
· dem Universitätsklinikum in Lippe,
· der Wasserstoffregion HyDrive,
· dem touristischen Leuchtturm Ur.Land,
· und dem Smart Wood Center.
An diesen Projekten hatte die CDU ihren maßgeblichen Anteil. Wir haben als Kreistag damit Projekte in Lippe geschaffen, die Ausgangspunkt für überregionales Interesse und regionales Wirtschaftswachstum sein können.
Wir haben weiterhin nicht das Gefühl, dass Landrat Dr. Lehmann das große Potenzial in diesen Projekten für unsere Region erkannt hat, ansonsten können wir uns nicht erklären, warum diese Projekte nicht als Chefsache in besonderer Weise vorangetrieben und gefördert werden.
Wo ist der Gestaltungswille der SPD, die nach dem Krieg in Lippe 50 Jahre lang Strukturpolitik betrieben hat und durchaus wichtige Weichenstellungen vorgenommen hat? Wo ist die sozialdemokratische Strategie für Lippe 2035?
Projekte, die aus unserer Sicht immer Herzensanliegen des Landrats waren, sind aus unserer Sicht weitgehend im Sande verlaufen.
Das Sozialkaufhaus ist nicht mehr als eine Dachmarke, vom Projekt „1000 Jobs für Lippe“ haben wir nichts mehr gehört. Die Schnellbusse fahren coronabedingt nur eingeschränkt. Und die Medizinischen Versorgungszentren und Gesundheitszentren in Oerlinghausen, Lügde und Bad Salzuflen scheinen sich ebenfalls nicht so zu entwickeln, wie es mal angedacht war.
In Bezug auf die Gesundheitszentren im Projekt „guLIP“ sind wir ohnehin der Meinung, dass hier eine Nachjustierung stattfinden muss. Wir werden uns Gesundheitszentren, die im Wesentlichen Pflegeberatung vor Ort anbieten, nicht flächendeckend leisten können. Vor allem dann nicht, wenn diese Beratung nicht „aus einer Hand“ erfolgt und die Förderung hierfür irgendwann ausläuft. Allein für 2021 stehen hierzu Ausgaben von 1,5 Mio. Euro im Kreishaushalt.
Uns liegt der Haushaltsplanentwurf des Kreises Lippe für das Jahr 2021 vor. Das Finanzvolumen des Haushalts ist um etwa 30 Millionen Euro auf rund 541 Millionen Euro gestiegen.
Vergessen wir nicht: Es handelt sich dabei um Steuergelder der lippischen Bürgerinnen und Bürger.
Als CDU ist es uns darüber hinaus auch künftig wichtig, dass die Kreisumlage möglichst niedrig ist. Wir fühlen uns dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet. Wir erkennen die Leistungen der Städte und Gemeinden ausdrücklich an und wollen deshalb die Haushalte der Städte und Gemeinden nicht mehr als nötig belasten.
Der Entwurf für den Haushalt sieht erfreulicherweise eine erheblich sinkenden Kreisumlage für die lippischen Städte und Gemeinden vor. Diese werden entlastet und können verlässlich planen. Mit Festsetzung der Kreisumlage auf rund 195 Mio. Euro wird der Zahlbetrag für die lippischen Kommunen um rund 10,55 Mio. Euro sinken.
Die Ausgabesteigerungen in der mittelfristigen Finanzplanung lassen allerdings eine deutliche Steigerung der Kreisumlage in den nächsten Jahren erwarten. Hier müssen jetzt schon Einsparungen für die kommenden Jahre erarbeitet werden. Daher ist uns die – bereits zum Haushalt 2020 beschlossene – Aufgabenkritik so wichtig, weil ohne diese in den kommenden Jahren deutliche Einsparungen im Haushalt kaum möglich sein werden.
Für Investitionen in die Zukunft sind im Haushalt 2021 rund 76,3 Mio. Euro vorgesehen, davon rund 45 Millionen Förder- und Drittmittel.
Zu den wesentlichen Investitionen zählen der Breitbandausbau mit rund 14 Mio. Euro und das InnovationSPIN in Lemgo mit knapp 6 Mio. Euro.
Die Baumaßnahmen am Klinikum schlagen in den nächsten vier Jahren mit jeweils 5 Mio. Euro zu Buche. Damit verbunden ist eine wesentliche Verbesserung für die Patientenversorgung in Lippe, zudem sind die Maßnahmen wichtige Voraussetzung für den Betrieb der medizinischen Fakultät. Vor diesem Hintergrund hatten wir die Aufnahme dieser Mittel bereits zum Haushalt 2020 beantragt.
Alle diese Investitionen haben wir mit angetrieben und freuen uns auf deren Umsetzung.
Der Haushalt folgt wie in den letzten Jahren auch dem Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Investitionen in Projekte, in denen noch viel christdemokratisches Herzblut aus den vorangegangenen Legislaturperioden steckt, tragen wir diesen Haushalt mit.
Die CDU-Fraktion stimmt dem Haushalt 2021 zu und trägt auch in der Opposition Verantwortung für Lippe.
Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei – und natürlich dem Kreiskämmerer Herrn Grabbe - für die engagierte und umfangreiche Arbeit bei der Erstellung des Haushaltes. Der gesamten Verwaltung und dem Landrat gebührt Dank für die engagierte und konstruktive Arbeit zum Wohle des Kreises Lippe.
Ebenso möchte ich Dank sagen bei den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen für gute Gespräche, sinnvolle gemeinsame Vereinbarungen und für einen offenen und problemlösenden Umgang miteinander.